Ein Plädoyer

… oder was ich will und was mein Pferd kann…

Wir lieben Pferde. Drei Worte, die wohl ausser Frage stehen.

Aber, und dieses aber gibt es, wir sind Menschen. Wir leben mit unseren Träumen, Zielen, Erwartungen, Wünschen, Gefühlen und Emotionen und Millionen Gedanken in unserem Kopf…

Das allein ist auch gar kein Problem, denn schließlich sind wir Menschen.
ABER was hat das nun mit den Pferden zu tun? Nichts. Eigentlich. Denn ein Pferd ist ein Pferd.

Was ist meinem Pferd wichtig? Fressen, werden viele sagen – klar! Aber auch Bewegung, Licht, Luft, Sozialkontakt, die Herde, Sicherheit, Angstfreiheit, Wohlgefühl…

Was ist den Pferden aber nicht wichtig? Träume. Wünsche. Ziele. Zum Beispiel…

Nun kommen zwei unterschiedliche Wesen zusammen und wir möchten Eins mit unserem Pferd werden… ?

Zum Glück sind wir Menschen anpassungsfähig… Pferde mit ihrer unglaublichen sozialen Intelligenz auch und vor allem.

Doch trotzdem möchten wir Dressur endlich in Klasse L reiten, langsam auf die Kandarre umsteigen können, den Sprung über den Oxer schaffen, die Geländestrecke EINMAL schnell und noch ohne Fehler reiten… Da sind sie: Träume, Wünsche, Ziele… Und die Pferde? Machen mit. Aber nicht, weil das ihre Wünsche, Träume, Ziele sind, das liegt ihnen fern.

Sie machen das für uns.

Und nun sollten wir uns mal ins Bewusstsein rufen, was wir den Pferden dafür schuldig sind. Einfach, weil wir sie lieben!
Wenn ich jemanden liebe, möchte ich, dass es ihm gut geht. Dann geht es mir auch gut.

ABER: geht es meinem Pferd wirklich gut? Sagen kann es mir das nicht. Sein Fell glänzt, der Futterzustand ist gut, die Augen glänzen… Also alles gut?

Doch schauen wir mal genauer hin: ist das Pferd gut und gleichmäßig bemuskelt? Gibt es Asymmetrien oder schmerzhafte Druckpunkte? Passt der Sattel WIRKLICH? Ist sein Gebiss genau passend? Fühlt es sich wohl mit seiner Ausrüstung, ist es locker und durchlässig unter seinem Reiter und glänzen die Augen auch beim Reiten? Fühlt es sich wohl mit seinem Reiter? Und kann es die Anforderungen, die wir stellen, auch körperlich gut bewältigen? Hat es die Kraft und Beweglichkeit für die ersehnten Aufgaben und Lektionen?

DAS, liebe Pferdefreunde, ist unsere Aufgabe. Die von euch, eurem Stallbetreiber, eurem Trainer, eurem Hufschmied, dem Tierarzt, Osteopathen, Physiotherapeuten, Sattler, Futterberater… Zu sehen, ob es dem Pferd gut geht und ob es alldem gewachsen ist, was wir mit ihm erreichen möchten.

Ich muss mich im Umgang mit dem Pferd und beim Reiten immer wieder fragen: kann mein Pferd das jetzt leisten? Oder ist es körperlich, kräftemäßig oder mental nicht in der Lage dazu? Oder habe ich vielleicht meinen Wunsch nicht klar genug geäußert? Hat mein Pferd mich nicht verstanden?

Das ist es, was einen echten Pferdemenschen ausmacht: zu hören, was das Pferd sagt.

Ich sehe immer noch häufig Pferde, die den Anforderungen ihrer Reiter nicht gewachsen sind. Denen die Kraft fehlt oder die unter körperlichen Schwierigkeiten leiden oder die ihren Menschen einfach nicht verstehen. Pferde, die einfach nicht KÖNNEN!

Ich wünsche mir, dass nicht die erstbeste Erklärung immer lautet: „Der ist so bockig heute! Diese Ziege, immer macht sie Theater bei dieser Lektion! Mein Gott, wann lernt der denn endlich, seine Beine zu sortieren?“

Lehrt es eure Pferde! Trainiert sie! Reitet sie gesund! Lasst sie Muskeln aufbauen! Sorgt für gute Fütterung, Besattelung, Therapie, Hufpflege! Lasst ihre Verspannungen und Schmerzen behandeln! Findet die passende Ausrüstung! Und BITTE – hört ihnen zu…